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Als Helfersyndrom wird ein Verhalten bezeichnet, das vor allem durch ein sehr hohes Ausmaß an Einsatz für Dritte, Personen aus dem Kreis der PatientInnen, der zu betreuenden jungen oder sehr alten Menschen oder dem Kundenkreis, gekennzeichnet wird. Die Sorge für die eigenen Person, die eigenen Interessen tritt dabei in den Hintergrund.


Es wäre ein grober Fehler, dabei von einem Depressionsrisiko oder der Gefahr eines beruflichen Burnouts auszugehen, unter dem die pflegende Person stünde. Das steht zwar in manchen Laienartikeln zu dem Thema - es gibt aber in der Fachliteratur keinen Hinweis auf solch einen Zusammenhang ! Zum Beispiel ist das einer der wenigen offensichtlichen Fehler in der deutschsprachigen Wikipedia-Ausgabe.


Als Helfersyndrom bezeichnet man ein Modell seelischer Probleme, häufig in sozialen Berufen.

Herkunft des Begriffes[]

Es wurde erstmalig von Wolfgang Schmidbauer 1977 in seinem Buch „Die hilflosen Helfer“ beschrieben[1]. Der Begriff erlangte schnell eine besondere Popularität und entfernte sich in der Umgangssprache von der ursprünglichen, von Schmidbauer definierten Bedeutung. Er hat heute eine schillernde, aber eher negative Konnotation und wird oft gebraucht, um Menschen, die einen helfenden Beruf ausüben, mit ihrer helfenden Tätigkeit oder ihrer Profession pauschal herabzuwürdigen.

Die Psychologische Deutung[]

Die psychologische Deutung des Helfersyndroms besteht darin, dass die Rolle des Helfers (etwa Arzt, Sozialarbeiter, Pfarrer, Psychologe, Therapeut, Krankenschwester, Krankenpfleger, Lehrer) gewählt wird, um Ängste vor Abhängigkeit abzuwehren.

Persönlichkeit und Helfersyndrom[]

Ein vom Helfersyndrom Betroffener ist jemand, der das Ideal verinnerlicht hat, dass man nur dann gut sei, wenn man anderen, schwächeren, kranken, benachteiligten oder bedürftigen Menschen hilft.

Für die zu betreuende Person soll der Helfer das Ideal verkörpern, das er bei seinen eigenen Eltern in der Kindheit vermisst hat. Bei einer überstarken Ausprägung des Helfersyndroms (wenn also das Wohlergehen des oder der Klienten grundsätzlich als wichtiger eingestuft wird als die eigene Befindlichkeit des Helfers oder die Bedürfnisse der Familienangehörigen) kann es zu schweren Depressionen oder zum Burnout kommen. Der Drang, immer und überall helfen zu müssen, auch wenn es im konkreten Fall unsinnig ist zu helfen, wird zur Sucht.

Menschen mit Helfersyndrom meiden alle sozialen Beziehungen, in denen sie nicht selbst Gebende, die Stärksten, die Versorgenden sind!

Hintergründe für das Helfen-Wollens[]

Meist leiden Betroffene unter einem Mangelerlebnis in der Kindheit. Oftmals erhielten sie wenig oder keine Anerkennung für positive Erlebnisse oder Verhalten. Auch erlebten sie meist ein Defizit in den Grundbedürfnissen wie das Fehlen von Zuneigung.

Betroffene identifizieren sich mit einer idealen Helfergestalt, um anderen zu geben, was sie selbst nicht in ausreichendem Maße bekommen haben. Sie versuchen somit ihre eigenen defizitären Erfahrungen zu kompensieren.

Kennzeichen des (fragwürdigen Begriffs) Helfersyndrom[]

1. Starre Werthaltungen

           Unfähigkeit, eigene ideale Vorstellungen zu relativieren oder andere 
           Vorstellungen anzunehmen

2. Störungen im Erleben von Agressionen

           eigene Agressionen werden verleugnet und indirekt ausgelebt;
           Betroffene können sich nicht wehren, wenn ihnen Unrecht geschieht
           Vermeidung von direkten Auseinandersetzungen, stattdessen über "Dritte"

3. Unersättliches Verlangen nach Ich-Bestätigung

           Sucht, gebraucht zu werden, für andere wichtig zu sein;
           Bedürfnis nach Anerkennung wird befriedigt durch Helfen
   

4. Vermeidung von Gegenseitigkeit, Tausch des Hilfe-Empfangens in einem Team

           Helfer können nicht nehmen, auch nicht im Privatbereich, immer Gebende;
           Partner werden zur Abhängigkeit "erzogen"
   

5. Idealisierungs-Entwertungs-Dilemma

           Betroffene sind darauf angewiesen, sich selbst als besonders gute,
           uneigennützige Menschen zu erleben

=> Kritik an ihr/ihm ist gleichbedeutend mit völliger Entwertung

=> Rückkehr der traumatischen Erlebnisse aus der Kindheit

=> Hinter der starken Helferfassade steht das abgelehnte Kind


( ⚠️ die Erklärungsversuche in diesem Absatz sind stark psychoanalytisch geformt. Sie sind kein Ergebnis psychologischer Forschung! )

Siehe auch[]

Abgrenzung zum Burnout[]

Wichtig ist in diesem Zusammenhang die eindeutige Abgrenzung der vielleicht sozial als Störung wahrgenommenen Verhaltensweise des übermäßigen Helfenwollens und des sogenannten Burnoutsyndroms. Letzteres führt nach längerem Verlauf evtl. in eine Arbeitsunfähigkeit. Mit einem "Syndrom des falschen Helfens", so lässt sich Helfersyndrom vielleicht eindeutiger beschreiben, ist berufliche oder private Arbeit sehr wohl möglich und eine Rückbildung ist machbar, wenn sie gewünscht/angestrebt wird. Das "Syndrom des falschen Helfens" hat für den Helfer einen Nutzen (s.o.). Burnout dagegen nicht. Das Burnout ähnelt in Vielem einer Depression.

Literatur[]

  • Interview: Die Psychotherapeutin Thea Bauriedl über Burn-out- und Helfersyndrom. In: DIE ZEIT Nr. 18 vom 27. 04. 2006, Seite 5. (Thea Bauriedl lehrt an der Univ. München LMU, veranstaltet Fortbildungen)
  • Antje Findeklee: Selbstlos in Teilzeit. Vorübergehender Altruismus nutzt allen Beteiligten. In: spektrumdirekt / Quelle: Proceedings of the National Academy of Sciences 103: 7372-7377 (2006)

Weblinks[]



Siehe auch[]

  •  DIE ZEIT 21/2017 vom 18.05.2017 Mit großem Tugend-Test: Wie gut sind Sie denn?

Die Gutmenschen: Warum sie nerven – und man sie doch braucht ?[]

Fußnoten[]

  1. Wolfgang Schmidbauer: Die hilflosen Helfer: Über die seelische Problematik der helfenden Berufe. Rowohlt, 1977. ISBN 3-498-06123-2 ; eine vollständig überarbeitete und erweiterte Neuausgabe erschien 1995 ebenfalls bei Rowohlt, ISBN: 3-498-06123-2; eine neue Veröffentlichung von Wolfgang Schidbauer, die sich mit der Thematik des Helfersyndroms beschäftigt, ist: Das Helfersyndrom : Hilfe für Helfer. Reinbek bei Hamburg, Rowohlt-Taschenbuch-Verl. 2007, rororo 62208, ISBN 978-3-499-62208-3
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